top of page

VISITATION 16    BEI ZYTOWAN + EISENHÜTTENSTADT    15-03-2015

FIRST MOVEMENT (NITSCHKE)   -  Three slogans I&II - Signature/Abstract

INTERMEDIARY MOVEMENT I (NITSCHKE) - No Millions

SECOND MOVEMENT (NITSCHKE) - Eating Putin

INTERMEDIARY MOVEMENT II (NITSCHKE) - Tour of WohnKomplex I-V (Eisenhüttenstadt)

                                                                                  with blue object

FOURTH MOVEMENT (NITSCHKE) - Three slogans III - Empty Slogan

 

Special Guest - TIMUR KISELEV

FIRST MOVEMENT (NITSCHKE)   -  Three slogans I&II - Signature/Abstract

 

Ca. 500 m nördlich der 2015 bei Coschen neu eröffneten Brücke zwischen Deutschland und Polen, wo eine alte verwachsene Eichenallee von Zytowan(Seitwann) kommend auf den Neißedeich trifft, liegt eine Erhebung, die zu einer ehemaligen Grenzbefestigung gehört. Hinter ihr sind noch die kreuzförmigen Fundamente eines Fundaments für ein Geschütz oder einen Turm zu sehen. Die Erhebung selbst ist mit Bäumen bewachsen. Zwischen diesen Bäumen spannt Nitschke ein rotes Tuch, die Dimensionen sind von dem von der Gruppe Kollektive Aktionen in der vierten 'Reise aus der Stadt' 1977 verwendeten roten Transparent übernommen (10 x 1 m). Anstelle eines Textes (ICH BEKLAGE MICH ÜBER NICHTS UND MIR GEFÄLLT ALLES, UNGEACHTET DESSEN, DASS ICH NOCH NIE HIER WAR UND NICHTS ÜBER DIESE GEGEND WEISS) ist am rechten unteren Rand in größeren Lettern die Signatur OBAMAINBERLIN (NIKLAS NITSCHKE) wiedergegeben, mit welcher OBAMAINBERLIN in der Dokumentation seiner Aktivität die einzelne Handlung einem der beteiligten Autoren zuordnet. Der Blick von weiter weg auf das niedrig über der Erhebung gespannte Tuch wird weitgehend von den umgebenden Bäumen verstellt.

 

Anschließend öffnet Nitschke ein Glas Erbeerjoghurt und bittet die Gäste, das Aroma wahrzunehmen, bevor er mit dem Joghurt in expressiver Weise eine Kreuzform auf die Mitte des Tuches pinselt. Mit dem auf ein kleineres rotes Banner weiß gemalten Zitat eines damals den westlichen ideologischen Raum einbegreifenden, abstrakt expressionistischen Werkes von Franz Kline 'demonstrierte' 1978 die Gruppe 'Nest' (Gnezdo Group) in Moskau für einige Minuten in der Öffentlichkeit. Die gemalte Kreuzform ist an die Form des neben der Erhebung liegenden Fundaments eines ehemaligen militärischen oder grenzpolizeilichen Bauwerks angelehnt.

INTERMEDIARY MOVEMENT I (NITSCHKE) - No Millions

 

Im Vorfeld der Visitation bittet Nitschke Zakharov, einen Lottoschein mit insgesamt drei Spielen - für jeden der Teilnehmer eines - auszufüllen und zusammen mit der Quittung mitzubringen. Nitschke fordert Zakharov auf, den Schein inklusive Quittung in eine kleine schwarze, unregelmässig geometrisch geformte Holzkiste zu legen, die er dann verschließt und in die Neiße wirft. Die Kiste bleibt eine Weile im Kehrwasser hängen, bis sie schließlich die Neiße hinuntertreibt.

SECOND MOVEMENT (NITSCHKE) - Eating Putin

 

Ungefähr eineinhalb Kilometer neißeabwärts, die mit dem Auto gefahren werden, erreichen die Teilnehmer der Visitation nach einem kurzen Gang durch ein Waldstück, den Hang hinab und durch hohes Gras am Ufer des Flusses ein schwarzes Objekt, das wie ein Stehtisch mit ungewöhnlich massiver Platte aussieht und von den Gästen zunächst für einen Teil der Grenzinstallation gehalten wird. Tatsächlich ist es ein Deckel, der die Zylinderscheibe der Platte so massiv macht, den Nitschke dann abhebt. Unter dem Deckel kommt ein runder Kuchen zum Vorschein, auf dessen Oberseite ein Porträt des russischen Präsidenten Putin abgebildet ist. Ein Teil des Bildes ist von einem schwarzen Umriß verdeckt, in der Form identisch mit dem Grundriß der kleinen schwarzen Kiste, in der im Augenblick der Lottoschein der Gruppe entgegen treibt. Nitschke deckt Teegeschirr und serviert Tee und Kuchen; möglicherweise wird die Kiste noch in der Zeit, die die Gruppe hier verbringt, die Stelle passieren.

INTERMEDIARY MOVEMENT II (NITSCHKE) - Tour of WohnKomplex I-V (Eisenhüttenstadt)

                            with blue object

 

Anschließend fährt die Gruppe über die Grenze zurück weiter nach Eisenhüttenstadt, wo Nitschke auf einem Parkplatz im Wohnkomplex (WK) I das Auto abstellt und ein blaues Objekt, das entfernt an einen Instrumentenkasten erinnert, als Rucksack auf den Rücken schnallt, um die beiden anderen dann auf einem etwas längeren Spaziergang durch das denkmalgeschützte Zentrum der sozialistischen Planstadt zu führen. Der Weg führt chronologisch so durch die Wohnkomplexe, dass die gestalterische Entwicklung der Wohnblöcke, aber auch die sich verändernde Ausgestaltung der Höfe zwischen den Blöcken deutlich wird. Sie führt von einem noch von Bauhausgedanken geprägten ersten WK über die aufwendiger gestalteten Wohnblöcke der von stalinistischem Einfluß geprägten Phase des WK 2 und 3 hin zu WK 4, der z.B. Fachwerk als eines von mehreren Elementen 'deutscher' Baukunst aufgreift.

FOURTH MOVEMENT (NITSCHKE) - Three slogans III - Empty Slogan 

 

Der Weg endet bei dem ehemals ersten Hotel am Platz in Eisenhüttenstadt, dem 'Hotel Lunik', das seit über zwei Jahrzehnten leer steht und in mittlerweile ruinösem Zustand ist. Das ehemals auf der Vorderseite fast durchgehend verglaste Erdgeschoß ist mit Holzpaneelen verkleidet, da Vandalismus die Scheiben bereits zerstört hat. Die Terasse des ehemaligen Hotelrestaurants ist an den Rändern mit wilden Büschen und jungen Bäumen bewachsen. Nitschke öffnet hier den blauen Körper, der ein weiteres, schmales rotes Banner enthält, das er an der Holzfassade befestigt. Es zeigt, analog zu einem als 'empty slogan' betitelten Werk der SozArt von Komar&Melamid, leere weiße Felder anstelle von Buchstaben. Es sind, wenn man die sechs Lücken miteinbezieht, 49 Stellen wie auf einem Lottoschein.

bottom of page