VISITATION 17 BEI ZYTOWAN + EISENHÜTTENSTADT 28-08-2015
FIRST MOVEMENT (NITSCHKE) - Three slogans I&II - Signature/Abstract
INTERMEDIARY MOVEMENT I (NITSCHKE) - No Millions
SECOND MOVEMENT (NITSCHKE) - Eating ..
INTERMEDIARY MOVEMENT II (NITSCHKE) - Tour of WohnKomplex I-V (Eisenhüttenstadt)
with blue object
FOURTH MOVEMENT (NITSCHKE) - Three slogans III - Empty Slogan
Special Guest - SVEN SPIEKER
FIRST MOVEMENT (NITSCHKE) - Three slogans I&II - Signature/Abstract
Ca. 500 m nördlich der 2015 bei Coschen neu eröffneten Brücke zwischen Deutschland und Polen, wo eine alte verwachsene Eichenallee von Zytowan(Seitwann) kommend auf den Neißedeich trifft, liegt eine Erhebung, die zu einer ehemaligen Grenzbefestigung gehört. Hinter ihr sind noch die kreuzförmigen Fundamente eines Fundaments für ein Geschütz oder einen Turm zu sehen. Die Erhebung selbst ist mit Bäumen bewachsen. Zwischen diesen Bäumen spannt Nitschke ein rotes Tuch, die Dimensionen sind von dem von der Gruppe Kollektive Aktionen in der vierten 'Reise aus der Stadt' 1977 verwendeten roten Transparent übernommen (10 x 1 m). Anstelle eines Textes (ICH BEKLAGE MICH ÜBER NICHTS UND MIR GEFÄLLT ALLES, UNGEACHTET DESSEN, DASS ICH NOCH NIE HIER WAR UND NICHTS ÜBER DIESE GEGEND WEISS) ist am rechten unteren Rand in größeren Lettern die Signatur OBAMAINBERLIN (NIKLAS NITSCHKE) wiedergegeben, mit welcher OBAMAINBERLIN in der Dokumentation seiner Aktivität die einzelne Handlung einem der beteiligten Autoren zuordnet. Das niedrig über der Erhebung gespannte Tuch wird durch die sommerlich begrünten Bäumen fast vollständig verborgen.
Anschließend öffnet Nitschke ein Glas Joghurt mit Schokoladengeschmack und bittet den Gast, das Aroma wahrzunehmen, bevor er mit dem Joghurt in expressiver Weise ein Quadrat auf die Mitte des Tuches pinselt. Mit dem auf ein kleineres rotes Banner weiß gemalten Zitat eines damals den westlichen ideologischen Raum einbegreifenden, abstrakt expressionistischen Werkes von Franz Kline 'demonstrierte' 1978 die Gruppe 'Nest' (Gnezdo Group) in Moskau für einige Minuten in der Öffentlichkeit.





INTERMEDIARY MOVEMENT I (NITSCHKE) - No Millions
Im Vorfeld der Visitation bittet Nitschke Sven Spieker, einen Lottoschein mit zwei Spielen auszufüllen und zusammen mit der Quittung mitzubringen. Nitschke klebt sich einen annähernd quadratischen schwarzen Schnauzbart unter die Nase und fordert Spieker in dieser Maske auf, den Schein inklusive Quittung in einen kleinen schwarzen Kubus zu legen, den er dann verschließt und in die Neiße wirft.




SECOND MOVEMENT (NITSCHKE) - Eating ..
Ungefähr eineinhalb Kilometer neißeabwärts, die mit dem Auto gefahren werden, erreichen die Teilnehmer der Visitation nach einem kurzen Gang durch ein Waldstück, den Hang hinab und durch hohes Gras am Ufer des Flusses ein gelbes Objekt, das wie ein Stehtisch mit sehr massiver Platte aussieht und von Spieker zunächst für einen metallenen Gegenstand als Teil der Grenzinstallation gehalten wird. Tatsächlich ist es ein Deckel, der die Zylinderscheibe der Platte so massiv macht, den Nitschke dann abhebt. Unter dem Deckel kommt ein dunkles Brot in kubischer Form zum Vorschein. Das Brot hat die Größe und Form der kleinen schwarzen Kiste, in der im Augenblick der Lottoschein der Gruppe entgegen treibt. Nitschke deckt Teegeschirr und serviert Tee und Brot mit Butter und Kräuterquark; möglicherweise wird die Kiste noch in der Zeit, die die Gruppe hier verbringt, die Stelle passieren.




INTERMEDIARY MOVEMENT II (NITSCHKE) - Tour of WohnKomplex I-V (Eisenhüttenstadt)
with blue object
Anschließend fährt Nitschke mit Sven Spieker über die Grenze zurück weiter nach Eisenhüttenstadt, wo er auf einem Parkplatz im Wohnkomplex (WK) I das Auto abstellt und ein blaues Objekt, das entfernt an einen Instrumentenkasten erinnert, als Rucksack auf den Rücken schnallt, um Sven Spieker dann auf einem etwas längeren Spaziergang durch das denkmalgeschützte Zentrum der sozialistischen Planstadt zu führen. Der Weg führt chronologisch so durch die Wohnkomplexe, dass die gestalterische Entwicklung der Wohnblöcke, aber auch die sich verändernde Ausgestaltung der Höfe zwischen den Blöcken deutlich wird. Sie führt von einem noch von Bauhausgedanken geprägten ersten WK über die aufwendiger gestalteten Wohnblöcke der von stalinistischem Einfluß geprägten Phase des WK 2 und 3 hin zu WK 4, der z.B. Fachwerk als eines von mehreren Elementen 'deutscher' Architektur aufgreift.


FOURTH MOVEMENT (NITSCHKE) - Three slogans III - Empty Slogan
Der Weg endet bei dem ehemals ersten Hotel am Platz in Eisenhüttenstadt, dem 'Hotel Lunik', das seit über zwei Jahrzehnten leer steht und in mittlerweile ruinösem Zustand ist. Das ehemals auf der Vorderseite fast durchgehend verglaste Erdgeschoß ist mit Holzpaneelen verkleidet, da Vandalismus die Scheiben bereits zerstört hat. Die Terasse des ehemaligen Hotelrestaurants ist an den Rändern mit wilden Büschen und jungen Bäumen bewachsen. Auf der Hauptachse der Stadt, die das mit seiner Fassade auf den leeren zentralen Platz gerichtete Hotelgebäude mit einer Seite berührt, findet im Moment das jährliche Stadtfest statt. Nitschke öffnet hier den blauen Körper, der ein weiteres, schmales rotes Banner enthält, das er an der Holzfassade befestigt. Es zeigt, analog zu einem als 'empty slogan' betitelten Werk der SozArt von Komar&Melamid, leere weiße Felder anstelle von Buchstaben. Es sind, wenn man die sechs Lücken miteinbezieht, 49 Stellen wie auf einem Lottoschein.

