VISITATION 9 KRAFTWERK FÜRSTENBERG 29-09-2012
FIRST MOVEMENT (Nitschke) - Black Grass Elegy
SECOND MOVEMENT (Zakharov) - Death of porno on Einbahnstrasse (part 2) - Washing porno
THIRD MOVEMENT (Zakharov) - Adieu Emanuelle
FOURTH MOVEMENT (Zakharov, Nitschke) - Fishing with porno
Vor der Ruine des ehemaligen, am Oderufer gebauten Kohlekraftwerks, liegt nach wie vor das mit grünen Teichlinsen bedeckte Kühlwasserbecken. Die beiden hohen Türme des Kraftwerks sind von zahlreichen Einschüssen vermutlich russischer Artillerie perforiert. Zakharov versenkt einen aus einem aufgelösten Privatarchiv stammenden 8mm-Pornofilm der 1970er Jahre in dem ehemaligen Teich, auf dem der Wind die dichte Fläche der kräftig grünen Linsen in verschiedene Richtungen treibt; das Filmmaterial soll von seinem pornographischen Belag gereinigt werden, der Porno ‚sterben’.
In diesen Monaten beschäftigt sich Zakharov damit, private, zum Verkauf angebotene 8mm-Filme aus dem Deutschland der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vor 1989 zu sammeln, anzusehen und zu archivieren. Es sind Aufnahmen, die in einer Zeit entstanden sind, als noch nicht die Möglichkeit bestand, die private Lebenswelt, die die Filme abbilden – Blumen, Feste, Ferien im westdeutschen Wirtschaftswunder – als Russe zu besuchen. Die Anlage dieses Filmarchivs erfolgt, nachdem Zakharov den Aufbau eines auf Basis seines dokumentarischen Materials angelegten Online-Archivs zum Moskauer Konzeptualismus weitgehend abgeschlossen hat. Die hier wirksam gewordene Zuwendung verschiebt er auf ein Privatleben, an dem keiner mehr Interesse hat. Der Pornofilm, der sich in dem in Unkenntnis seines Inhalts gekauften Filmmaterial befindet, kann einerseits nicht zum Gegenstand der Fürsorge des Archivierens werden, andererseits ist es aber auch nicht sinnvoll, ihn einfach aus dem Material zu entfernen. An dieser Stelle wird er zum Gegenstand, der in der „toten Zone“ ausgesetzt wird.
In einem aus dem hölzernen Massenmodell der Einschiffung nach Kythera (Antoine Watteau, vgl. 6.11.2011) heraus gesägten Ausschnitt spielt Nitschke – vor dem Hintergrund der beiden Kamine des Kraftwerks – mit zwei Marionetten aus schwarzem Gras. Er spielt zu einem Musikstück, das über ein in den Bühnenausschnitt gelegtes iPhone wiedergegeben wird, zum 1. Satz Elegie aus dem Streichquartett No. 15 von Dmitri Schostakowitsch. Zakharov erhält einen Stuhl, dessen Beine zunächst von Nitschke im passenden Winkel für den Abhang über dem Kühlwasserteich des Werks zurechtgesägt werden; neben der Kamera, die das kleine Stück ohne Handlung dokumentiert, hält Zakharov für die Dauer der Vorführung einen summenden, lose mit Wattestäbchen umklebten Vibrator in der Hand.
Die Oberfläche des Filmmaterials ist nach einer Woche im Wasser angelöst und lässt sich mit einem Schwamm ein Stück weit abreiben. Bei der Reinigung reißt der Film mehrmals, die Rolle und ein großes Stück des Films bleiben im Wasser.
Von einem Wehr aus wirft Zakharov große Nelken in die grüne Oberfläche, auf die Stelle, an der die Filmrolle liegt. Die Blüten treiben langsam ab, auf die Teichfläche hinaus. Zwei Wochen, nachdem Zakharov die Aufnahme dieser Handlung mit der Titelmusik eines Emmanuelle-Films hinterlegt hat, stirbt die erste Hauptdarstellerin dieser Reihe massenwirksamer Erotikfilme, Sylvia Kristel.
Mit zwei modifizierten Angeln fischen Zakharov und Nitschke danach von einer Buhne aus mit dafür präparierten Angeln in der Oder. Die großen, mit bunten Federn als Köder bestückten Haken treiben trotz der kräftigen Strömung an der Buhnenspitze nicht sehr weit, dafür ist der Wasserwiderstand des Filmmaterials zu groß. Die Montage bleibt im Kehrwasser der Buhne stehen. Aus der Aktion des als Schwimmer an den Film geklemmten Katzenballs sind aber doch – wie es scheint – ein oder zwei Probebisse ablesbar.
FIRST MOVEMENT (Nitschke) - Black Grass Elegy
THIRD MOVEMENT (Zakharov) - Adieu Emanuelle
SECOND MOVEMENT (Zakharov) - Death of porno on Einbahnstrasse (part 2) - Washing porno
FOURTH MOVEMENT (Zakharov, Nitschke) -
Fishing with porno
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